Presse | Hannover Messe 1989


Pressemitteilung
zur Pressekonferenz 7. April 1989


Frau + Technik - die Alternative der Zukunft

Stand »Frau +Technik« auf der Hannover Messe Industrie '89

»Warum stehen Sie hier fragen?« fragen viele Messebesucher die Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen am Stand »Frau und Technik«, »Machen Frauen etwa eine andere Technik?«

»Mut machen« wollen die rund 30 Frauen aus technischen und naturwissenschaftlichen Berufen, die am Stand ehrenamtlich Dienst tun. Über Verbandsinteressen hinweg haben sich die Frauen vom Deutschen Akademikerinnenbund (DAB) - federführend - , Deutschen Ingenieurinnenbund (dib), des Arbeitskreises Elektroingenieurinnen im Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE) und »Frauen im Ingenieurberuf« des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zusammengefunden, weil mit den Messestand gemeinsame Ziele verfolgt werden. Der Stand - finanziell getragen von Geld- und Sachspenden namhafter Industrieunternehmen und ihrer Verbände - hatte 1988 seine Premiere.

Warum sich die Frauen engagieren, wird deutlich, wenn zum Beispiel die Diplom-Ingenieurin (Maschinenbau) Maren Heinzerling (DAB, dib) berichtet, daß sie an der Entwicklung des Transrapid mitarbeitete, für Dieselloks Anforderungskataloge und Wartungskonzepte entwarf und im Kundendienst entgleisten Lokomotiven wieder auf die Schienen half - heute macht sie technische Systemuntersuchungen für die Magnetschwebebahn.

Begeisterte Berichte von interessanten Arbeitsplätzen sind viele zu hören. Bedauerlich sei, meinen die Frauen, daß im Wintersemester 87/88 von den Studenten in den Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik nur 2,8 bzw. 3 % weiblich waren. Zwar steige auch in diesen so genannten 'harten' Fächern die Zahl bei den Studienanfängern leicht an, aber offensichtlich sei zu wenig bekannt, wie gut hier die Berufsaussichten sind.

»Auf sechs Bewerbungen bekam ich sechs Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Angeboten wurden mir Stellen mit guten Aufstiegschancen«, führt die Elektroingenieurin Gudrun Plasberg dazu aus. »Die Frage, warum ich als Frau ausgerechnet Elektrotechnik studiert habe, war schnell beantwortet, weil meine Beweggründe sich nicht von denen eines männlichen Bewerbers unterschieden«. »Meine Kommilitoninnen und ich hatten früher einen Einstellungsvertrag als unsere Kollegen«, bestätigt Bauingenieurin Karin Diegelmann (dib), die in der Umwelttechnik arbeitet.

»In den Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik mit gutem bis sehr gutem Berufschancen studieren heute absolut 20mal so viele Frauen, auch wenn prozentual der Anteil der Frauen in den letzten 20 Jahren wenig gestiegen ist«, rückt Margarete Pauls, Vorsitzende des VDI-Ausschusses das Bild von den wenigen Frauen in diesen Fächern etwas zurecht.

Erschreckend hoch ist noch die technische Abstinenz von Mädchen in den Schulen - in Chemie-Ingenieurwesen studieren immerhin schon 22,8 Prozent, Frauen in der Biochemie sind es 26,4 und in der Mathematik sogar 33,3 Prozent. Schülerinnen berichten: Zum Wahlpflichtfach 'Elektrotechnik' habe sich kein Mädchen gemeldet, Technik sei doch ein Fach für Jungen! Entscheidend für die Berufswahl ist offensichtlich die Motivation des Elternhauses. So kommen die gestandenen Ingenieurinnen fast ausschließlich aus einem naturwissenschaftlich orientierten Elternhaus, in dem Väter die technische Neugier der Töchter förderten. »Unterstützen Sie den Berufswunsch Ihrer Tochter, wenn sie Technik studieren will. Auch im 'blauen Anton' beim Betriebspraktikum kann sie attraktiv aussehen ermuntern die Frauen auf der Messe in erster Linie die Väter.

»Frauen machen sicher keine andere Technik oder stellen weibliche Naturgesetze auf«, faßt die Physikerin Elisabeth Butenuth zusammen, »aber vielleicht denken Frauen manchmal konkreter und realistischer. Vielleicht sind sie auch eher bereit, das, was sie machen, zu hinterfragen«.



Schlagzeilen über unseren Stand

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Pressemitteilung vom 18. Januar 1989

Frau + Technik

Stand während der Hannover Messe Industrie 5. - 12. April 1989

Auf der Hannover Messe 88 gab es erstmals einen Stand, mit dem das Thema »Frau+Technik« gezielt angesprochen wurde. Des großen Erfolges wegen, den diese Aktion hatte, wird ein solcher Informationsstand auch auf der Hannover Messe 89 zu finden sein.

Veranstalterinnen sind der Deutsche Akademikerinnenbund e.V., der wiederum die Federführung hat, der VDI-Ausschuss Frauen im Ingenieurberuf, der Arbeitskreis Elektroingenieurinnen im Verband Deutscher Elektrotechniker sowie der Deutsche Ingenieurinnenbund.

In der Halle »Jugend und Technik« wollen Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen über ihr Berufsleben informieren und jungen Frauen Mut machen, sich für solche Berufe zu entscheiden. Die Frauen, die am Stand ehrenamtlich Dienst leisten, möchten deutlich machen, dass ihnen ihre Berufe Spaß machen und dass dies Berufe sind, die Zukunft haben. Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie wichtig solche Gespräche sind - um Vorbild zu sein und festverwurzelte Vorurteile abzubauen.

Daneben suchen die Veranstalterinnen aber auch das Gespräch mit Messebesuchern allgemein, Eltern, Kollegen und Kolleginnen, mit Vertretern und Vertreterinnen von Firmen und aus dem politischen Leben.

Neben den Eigenleistungen, die die Frauen der vier Verbände einbringen, wird das Projekt durch namhafte Industrieunternehmen unterstützt, die durch Geld- und Sachspenden diesen Stand ermöglichen.

Sie finden den Stand in der Halle 1, C 10, (Halle Jugend und Technik).



Weitere Aktivitäten

Freitag, 7. April 1989

  • Pressekonferenz um 11:00 Uhr im TCM (Tagungszentrum der Messe).
  • Veranstaltung um 14:00 Uhr im Forum (Halle 1) Thema: »Ingenieurinnen und
  • Naturwissenschaftlerinnen berichten«

Kontaktadresse



Frau + Technik
Bilanz des zweiten Projektes 1989

Noch immer beträgt der Anteil der berufstätigen Ingenieurinnen in der Bundesrepublik Deutschland je nach Fachrichtung zwischen zwei und 10 Prozent. Eine leicht steigende Tendenz zeichnet sich bei den jüngeren Frauen ab.

Stellvertretend für die deutsche Wirtschaft seien die Zahlen aus einem großen Konzern genannt: bei der Siemens AG gab es im September 1988 in der Technik nur 2 % Frauen über 30 Jahre mit Hochschulabschluß, während es bereits 9 % waren in der Gruppe unter 30 Jahren. In Führungspositionen liegt ihr Anteil noch weit niedriger und entspricht nicht ihrer Repräsentanz.

Neue Kontakte

Die Situation von Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen ist durch Vereinzelung bestimmt. Umso höher ist der Wert unseres Projektes einzuschätzen, weil hier zu Tage tritt, wie engagiert und hochmotiviert diese Frauen sind, sei es bei Beratungen und Gesprächen am Stand, bei Interviews oder bei den Pressekonferenzen und Forumsdiskussionen.

Werden Aufwand und Leistungen üblicherweise in Mann-Tagen angegeben, so müssen wir doch hier von Frau-Tagen sprechen, das bedeutet allein für die Standdienste 101 Tage. Ein Betrag von 100.000 DM würde für diese ehrenamtlich geleistete Arbeit überschritten. Die ganzen Vorarbeiten und der sonstige Aufwand kommen zu dieser Summe noch hinzu.
Nicht nur wir Frauen haben von diesem Projekt viel profitiert, auch die Öffentlichkeit konnte sehen, wer wir sind, was noch fehlt und in Zukunft gezielt getan werden muss, um Frauen und Männer in Gesellschaft, Beruf und Familie zu fördern.

Halle 1, Jugend + Technik

Der Weg zu dieser Halle war schwierig zu finden. Erst aufgrund unserer Aktion mit einem beklebten Pappkarton auf dem Rasen in der Nähe des Eingangs wurde von der Messeleitung ein großes Hinweisschild angebracht.

Konnten wir im letzten Jahr von unserer günstigen Durchgangslage profitieren und auch viele zufällig Vorbeigehende ansprechen, so waren wir dieses Mal nur für Informierte zu finden, abgesehen natürlich von den Jugendlichen, die in dieser Halle von der Regierung, Verbänden und Industrie direkt umworben wurden.

Es war uns immer ein Anliegen, durch unsere Präsenz in dieser Halle der nachrückenden Generation lebendige Technik-Frauen zu zeigen, um Mädchen und Jungen die Notwendigkeit der Zukunft, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, schon heute vorzuführen.

Die Antwort einer Schülerin in der Podiumsdiskussion des Forums »Bauingenieur möchte ich werden!« auf ihren Berufswunsch hin befragt, zeigte uns allen die Wirkung der engagierten Darstellung über das Berufsbild »Bau-Ingenieurwesen« von Ursula Dettmann.

Neuerungen

Nach den Erfahrungen im ersten Jahr konnten wir dieses Mal begleitete Führungen in kleinen Gruppen auf die Stände von ausstellenden Firmen anbieten. Es hat sich erwiesen, dass die Schwellenangst bei den jungen Frauen abzubauen war, und die Gespräche und Fragen auf den Ständen mit unserer Hilfe lebendig und verständlich wurden. Erste Kontakte zum zukünftigen Arbeitsgebiet oder der möglichen Firma für Praktikum oder Berufseintritt wurden hergestellt.

Eine weitere Einrichtung war die Alternative nach dem Messetag, ein abendlicher Treffpunkt für Frauen. Wer die bedauerlichen Minen in den Gaststätten kennt, wenn einige Frauen sich dort niederlassen wollen («Aber, meine Damen, Sie haben nicht bereits im letzten Jahr reserviert; wir haben doch Messe!«), wußte den sicheren und gemütlichen Platz in der Schaufelder Straße in Gasthaus Kaiser zu schätzen.



Veranstaltungen
  • Pressekonferenz
  • Podiumsdiskussion im Forum
  • Begleitete Messerundgänge
  • Messe-Rallye mit Jugendlichen
U. a. sollten die Jugendlichen einen Werbeslogan dichten. Hier ein paar Ergebnisse:

Die Zukunft der Frau-
in der Technik, genau!

Familie und Beruf bringt man überein
steigt man in Job Sharing ein.

In Zukunft wird nicht mehr gefragt,
Frau und Technik ist angesagt!

Job Sharing zu Hause,
Familie und Beruf,
dann geh' ich unter die Brause
und hab' genug.

Frau und Technik ist gut,
habt doch endlich mehr Mut!